Service Pflegewissen von A bis Z

Pflege-Glossar

In unserem Glossar „Wissen von A bis Z“ finden Sie Fachbegriffe und Schlagworte zu Pflege- und Gesundheitsthemen leicht verständlich erklärt.

Begriff: Demografischer Wandel

Der Begriff des demografischen Wandels wird in der Regel gleichgesetzt mit der zutreffenden Vorstellung einer alternden Gesellschaft. Dahinter verbirgt sich jedoch nicht nur die – insbesondere gesundheits- und gesellschaftspolitisch – erfreuliche Tatsache einer kontinuierlich steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung, sondern auch ein überwiegend positiver Migrationssaldo sowie eine konstant niedrige Geburtenrate.

Insbesondere die niedrigen Geburtenraten und die damit einhergehende Übersterblichkeit werden nach den Prognosen des Statistischen Bundesamtes einen Rückgang des Bevölkerungsstandes in Deutschland zur Folge haben, der durch Einwanderung zwar gemildert, jedoch nicht völlig ausgeglichen werden kann.

Wie wirkt sich der demografische Wandel auf die sozialen Sicherungssysteme aus?

Niedrige Geburtenraten und eine höhere Lebenserwartung stellen für die Gesundheitspolitik und die sozialen Sicherungssysteme besondere Herausforderungen dar, die bislang erfolgreich gemeistert werden konnten. Die ständig steigende Lebenserwartung und der wachsende Anteil von Hochbetagten sind nicht nur ein Beweis für gute Lebensbedingungen, sondern sprechen auch für ein gut funktionierendes Gesundheitswesen.

Der medizinische und medizinisch-technische Fortschritt sowie die flächendeckende Infrastruktur mit medizinischen, rehabilitativen und pflegerischen Einrichtungen haben dazu beigetragen, dass immer mehr Erkrankungen auch im hohen Alter geheilt, behandelt und gelindert werden können. Hierbei spielen zudem Prävention und Rehabilitation in allen Altersgruppen eine maßgebliche Rolle.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Einwicklung im Gesundheitswesen hat sich in seinem Sondergutachten 2009 "Koordination und Integration – Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens" intensiv mit den besonderen Präventions- und Versorgungsanforderungen von Kindern und älteren Menschen beschäftigt. Insbesondere die Empfehlungen des Rates zur besseren Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung sowie zur regionalen Verteilung der Infrastruktur sind mit dem zum 1. Januar 2012 in Kraft getretenen GKV-Versorgungsstrukturgesetz von Gesundheitsminister Bahr aufgegriffen worden.

Hiermit soll unter anderem sichergestellt werden, dass unser Gesundheitswesen dem spezifischen medizinischen und pflegerischen Bedarf der sich demografisch verändernden Gesellschaft unter Berücksichtigung regionaler und erkrankungsspezifischer Besonderheiten künftig besser gerecht wird.

Die Bundesregierung hat zudem verschiedene weitere Initiativen entfaltet, um dem im Kontext des demografischen Wandels sonst drohenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen aktiv zu begegnen. So hat das Bundesministerium für Gesundheit z.B. einen Runden Tisch zur besseren „Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Gesundheitswesen“ initiiert, der Anfang Dezember 2010 zahlreiche Empfehlungen zu dieser Thematik vorgelegt hat.

Wie reagiert die Bundesregierung im Hinblick auf die soziale Sicherung?

Angesichts der Alterung der Erwerbsbevölkerung ist es zudem für die Unternehmen angezeigt, eine längere Erwerbstätigkeit Älterer am Arbeitsmarkt zu befördern – durch alters- und alternsgerechte Arbeit, durch vorausschauende Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation, durch passgenaue Weiterbildung und durch betriebliche Gesundheitsförderung. Auch die Bundesregierung zielt daher darauf, Prävention und Gesundheitsförderung entsprechend weiterzuentwickeln und auszubauen. Aufbauend auf den bewährten Programmen und Strukturen sollen Prävention und Gesundheitsförderung zielgerechter und zielgruppenspezifischer ausgerichtet und ihre Qualität verbessert werden.

Die Koalition hat sich deshalb am 13.12.2012 auf Eckpunkte für eine Präventionsstrategie verständigt. Das Ziel ist die Stärkung der Befähigung der Bevölkerung zu gesundheitsbewusstem Verhalten in allen Lebensphasen und die Reduzierung gesundheitlicher Risiken. Die Eckpunkte, auf deren Grundlage die Vorschriften des SGB V weiterentwickelt werden sollen, sehen insbesondere eine bessere Koordination und Vernetzung bestehender Programme und Strukturen, bessere Information sowie Verbesserung der (finanziellen) Rahmenbedingungen für die betriebliche Gesundheitsförderung vor.

Welche Folgen hat der demografische Wandel für die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung?

Aus gesundheitspolitischer Sicht bringt der demografische Wandel jedoch auch Finanzierungsprobleme mit sich. Einer tendenziell kleineren Anzahl von erwerbstätigen Beitragszahlern steht eine größere und bis Mitte der 2030er Jahre wachsende Zahl von Rentnerinnen und Rentnern gegenüber.

Da die Alterseinkünfte i.d.R. niedriger sind als die Einkünfte der Erwerbstätigen und gleichzeitig die Leistungsinanspruchnahme im Alter häufig ansteigt, besteht grundsätzlich die Gefahr einer Überlastung der finanziellen Grundlagen des Gesundheitssystems, wenn die Ausgaben für Gesundheit schneller wachsen als die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler.

Zur Verhinderung einer finanziellen Überforderung der jüngeren und nachwachsenden Generationen wurden daher bei den Gesundheitsreformen der vergangenen Jahre – insbesondere bei dem zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen GKV-Finanzierungsgesetz Maßnahmen beschlossen, die dazu beitragen, die Beitragseinnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung von den Erwerbseinkünften und den Lohnkosten abzulösen.

Der lohnbezogene GKV-Beitragssatz wurde festgeschrieben, steigende Gesundheitsausgaben müssen künftig überwiegend über Zusatzbeiträge finanziert werden. Hierdurch wird der Druck zur Steigerung der Effizienz auf Krankenkassen und Leistungserbringer erhöht. Durch den gleichzeitig eingeführten Sozialausgleich für Zusatzbeiträge – dessen Finanzierung aus Steuermitteln erfolgt – wird sicher gestellt, dass auch einkommensschwächere Versicherte vor Überforderung geschützt sind.

Diese Maßnahmen sind erforderlich, um Wachstum und Beschäftigung zu sichern und um die intergenerative Gerechtigkeit zwischen erwerbstätigen, jüngeren Versicherten und Menschen im Ruhestand zu gewährleisten und auf eine nachhaltige Grundlage zu stellen. Im Konzept der Nachhaltigkeit, das von der christlich-liberalen Bundesregierung nachdrücklich vorangetrieben wird, sind intergenerative Gerechtigkeit und Berücksichtigung von demografischen Herausforderungen besonders bedeutsam.

Wie beugt die Bundesregierung einem drohenden Mangel an Pflegefachkräften vor?

Die wachsende Anzahl älterer Menschen sowie die hiermit einhergehende steigende Zahl von Demenzerkrankungen stellt besondere Anforderungen an die Fachkräfte in der ambulanten und stationären Pflege und an die finanziellen Grundlagen der sozialen Pflegeversicherung.

Mit dem bereits in Kraft getretenen Pflege-Neuausrichtungsgesetz werden vor allem die Möglichkeiten zur Berücksichtung von Demenzerkrankungen bei der Festlegung der Pflegestufen erweitert sowie eine flexiblere Ausrichtung des Leistungsrechts auf die individuellen Bedürfnisse der Pflegebedürftigen ermöglicht. Die Auswirkungen der demografischen Entwicklung können in der umlagefinanzierten sozialen Pflegeversicherung nur zum Preis kontinuierlich steigender Beitragssätze finanziert werden.

Deshalb fördert die Bundesregierung von 2013 an die freiwillige, zusätzliche Pflegevorsorge durch Gewährung staatlicher Zulagen. Zusätzlich besteht in der Langzeitpflege ein wachsender Bedarf an Pflegekräften, der u.a. auch unter Gender-Aspekten eine besondere Herausforderung darstellt. Aktuell sind über 80 Prozent der Pflegekräfte weiblich; wegen der höheren Lebenserwartung von Frauen sind aber auch über 70 Prozent der Langzeitpflegebedürftigen weiblich.

Demzufolge müssen verstärkt Anreize geschaffen werden, um den notwendigen Bedarf an qualifizierten Pflegekräften decken zu können. Im Mai 2011 hat die Bundesregierung deshalb eine "Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege" gestartet, die gemeinsam von Bund, Ländern und Verbänden getragen wird und am 13. Dezember 2012 von allen Partnern unterzeichnet worden ist. Konkrete Vereinbarungen aller Beteiligten sollen bis zum Jahr 2015 darauf hinwirken, dass die Kapazitäten in der Aus- und Weiterbildung ausgebaut, die Schülerzahlen erhöht und die Beschäftigungsbedingungen attraktiver gestaltet werden.

Demografischer Wandel - ein Problem der Bundesrepublik?

Die geschilderten Herausforderungen des demografischen Wandels für die sozialen Sicherungssysteme treffen in gleicher Weise unsere europäischen Nachbarstaaten sowie zahlreiche große Industrienationen. Zur langfristigen und nachhaltigen Sicherung leistungsfähiger Gesundheits- und Pflegesysteme gehört daher auch die Stärkung einer Angleichung der Lebensbedingungen in Europa und der Kooperationen im Gesundheitswesen.

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