In unserem Glossar „Wissen von A bis Z“ finden Sie Fachbegriffe und Schlagworte zu Pflege- und Gesundheitsthemen leicht verständlich erklärt.
In Deutschland gilt die freie Arztwahl. Gesetzlich Versicherte können jede Ärztin und jeden Arzt aufsuchen, die oder der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Das kann sowohl die Hausärztin oder der Hausarzt als auch eine Fachärztin oder ein Facharzt, eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt, ein medizinisches Versorgungszentrum oder eine andere ermächtigte ambulante Einrichtung sein.
Im Gegensatz zu Städten und Ballungsgebieten stellt die ärztliche Versorgung in ländlichen Regionen vielerorts eine große Herausforderung dar. In manchen unterversorgten Gebieten gibt es schon heute durch Strukturfonds Anreize für eine Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten, zum Beispiel in Form von Stipendien, die dazu verpflichten, später als niedergelassene Ärztin oder als niedergelassener Arzt in einem bestimmten Gebiet tätig zu werden. Hinzu kommen Hilfen bei der Niederlassung und Übernahme einer Praxis sowie Vergütungsanreize bei besonders nachgefragten Tätigkeiten, beispielsweise Hausbesuchen in Räumen mit großer Entfernung. Im Rahmen des Versorgungsstärkungsgesetzes kann ein Strukturfonds zur Sicherstellung der Versorgung in einer Region künftig schon eingerichtet werden, bevor eine akute Unterversorgung droht. Das heißt, Ärztinnen und Ärzte, die sich in entsprechenden Bereichen niederlassen, erhalten zum Beispiel eine bessere Vergütung. Ärztinnen und Ärzte sollen außerdem dort tätig sein, wo sie für eine gute Versorgung gebraucht werden. In Zukunft soll eine Praxis in einem überversorgten Gebiet deshalb nur nachbesetzt werden, wenn dies für die Versorgung der Patientinnen und Patienten auch sinnvoll ist. Die Einzelfallentscheidung treffen Ärztinnen und Ärzte und Krankenkassen in den Zulassungsausschüssen vor Ort.
Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz wird die Weiterbildung stärker gefördert und die Zahl der mindestens zu fördernden Weiterbildungsstellen von 5.000 auf 7.500 erhöht. Die Weiterbildung der grundversorgenden Fachärztinnen und Fachärzte wird mit bis zu 1.000 zu fördernden Stellen gestärkt. Weiterzubildende in der ambulanten Versorgung erhalten zudem die gleiche Vergütung wie Assistenzärztinnen und -ärzte im Krankenhaus. Darüber hinaus werden Ärztinnen und Ärzte entlastet, indem sie bestimmte ärztliche Leistungen an qualifiziertes nichtärztliches Personal delegieren können, etwa an Praxisassistentinnen und -assistenten. Krankenhäusern wird es erleichtert, ambulante ärztliche Versorgung zu leisten, wenn der Bedarf von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten nicht abgedeckt werden kann. Ebenso wurden die Gründungsmöglichkeiten für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) weiterentwickelt. So sind nun auch arztgruppengleiche MVZ erlaubt, zum Beispiel reine Hausarzt-MVZ oder spezialisierte fachgruppengleiche MVZ. Auch den Kommunen wurde die Möglichkeit eingeräumt, MVZ zu gründen und damit aktiv die Versorgung in der Region zu verbessern.
Um die psychotherapeutische Versorgung zu stärken, wurde der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beauftragt, bis Mitte 2016 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes zu treffen, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung von Gruppentherapien sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Daneben wurden die Befugnisse der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zur Verordnung von bestimmten Leistungen erweitert. Das betrifft zum Beispiel das Verordnen von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation, die Verordnung von Krankentransporten, Krankenhausbehandlung sowie Soziotherapie.
Damit Versicherte nicht mehr wochenlang auf einen Facharzttermin warten müssen, wurden die Kassenärztlichen Vereinigungen im Zuge des Versorgungsstärkungsgesetzes verpflichtet, sogenannte Terminservicestellen einzurichten. Diese vermitteln einen Facharzttermin in zumutbarer Entfernung oder, wenn das nicht möglich ist, eine fachärztliche Untersuchung oder Behandlung im Krankenhaus. Dabei darf die Wartezeit im Regelfall vier Wochen nicht überschreiten, sonst hat die oder der Versicherte Anspruch auf einen ambulanten Krankenhaustermin.
Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz wurde auch geregelt, dass Patientinnen und Patienten künftig einen Anspruch auf ein sogenanntes strukturiertes Zweitmeinungsverfahren auf Kosten der Krankenkassen haben.
Dieser Anspruch umfasst eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung bei bestimmten planbaren Operationen, bei denen Unsicherheit bestehen kann, ob sie medizinisch zwingend geboten sind und sich nicht vermeiden lassen. Bei welchen Eingriffen konkret der Anspruch auf Zweitmeinung gelten wird, bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in seinen Richtlinien. Darin legt er außerdem fest, welche qualitativen Vorgaben für die Zweitmeinung gelten und welche Anforderungen jeweils an Ärztinnen und Ärzte gestellt werden, die eine Zweitmeinung erbringen dürfen.
Dazu gehört unter anderem eine langjährige fachärztliche Tätigkeit in einem für den Eingriff maßgeblichen Fachgebiet. Ziel der gesetzlichen Regelung ist es, eine qualitativ besonders hochwertige Erbringung der Zweitmeinung zu sichern, damit Patientinnen und Patienten auf dieser Grundlage ihre Entscheidung für oder gegen den Eingriff fundiert treffen.
Unabhängig von diesem neuen Verfahren bieten einige Krankenkassen ihren Versicherten schon länger und auch weiterhin eigene Zweitmeinungsverfahren für verschiedene schwerwiegende Erkrankungen an und übernehmen entsprechende Kosten als Satzungsleistung. Über die Voraussetzungen informiert die jeweilige Krankenkasse.
Für chronisch Kranke werden weitere strukturierte Behandlungsprogramme entwickelt. Der Gemeinsame Bundesausschuss erhielt im Rahmen des Versorgungsstärkungsgesetzes den Auftrag, bis Ende 2016 weitere chronische Erkrankungen zu benennen sowie Richtlinien zur Ausgestaltung von Programmen zur Behandlung von Rückenleiden und Depressionen zu erlassen.
Die Zunahme von Mehrfach- und chronischen Erkrankungen in unserer älter werdenden Gesellschaft bedeutet auch eine Herausforderung für die Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung. Deshalb wird zur Förderung innovativer, insbesondere sektorenübergreifender Versorgungsformen und zur Versorgungsforschung ein Innovationsfonds mit jeweils 300 Millionen Euro jährlich in den Jahren 2016 bis 2019 geschaffen. Damit können gezielt Projekte gefördert werden, die neue Wege in der Versorgung beschreiten.
Darüber hinaus haben Versicherte nun bereits von dem Tag an, an dem die Ärztin oder der Arzt eine Arbeitsunfähigkeit feststellt, Anspruch auf Krankengeld – und nicht erst vom darauffolgenden Tag an. Dies schließt eine Versorgungslücke für Versicherte, die wegen derselben Krankheit regelmäßig nur einen Arbeitstag arbeitsunfähig sind (etwa wegen einer Chemotherapie oder einer bestimmten Form der Dialyse).
Leistungen für Menschen mit Behinderung sowie für Pflegebedürftige mit eingeschränkter Alltagskompetenz
Für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen können künftig Behandlungszentren eingerichtet werden, die auf die jeweiligen Bedürfnisse ausgerichtet sind.
Pflegebedürftigen Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Alltagskompetenz eröffnet das Versorgungsstärkungsgesetz Anspruch auf zusätzliche Leistungen zahnmedizinischer Prävention. Neben dem regelmäßigen Zahnarztbesuch, zum Beispiel in der Pflegeeinrichtung, haben sie künftig Anspruch auf zahnärztliche Prophylaxeleistungen und individuelle Beratung zur Mund- und Prothesenpflege.
Damit Versicherte lückenlos versorgt werden, dürfen Krankenhäuser durch das Versorgungsstärkungsgesetz mehr ambulante Leistungen übernehmen. Verbessert wird auch das Krankenhaus-Entlassmanagement: Beim Übergang von der Klinik zur niedergelassenen Ärztin oder zum niedergelassenen Arzt dürfen Krankenhausärztinnen und Krankenhausärzte künftig für einen Zeitraum von bis zu sieben Tagen Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel, Krankenhausbehandlung, häusliche Krankenpflege und Soziotherapie verordnen sowie die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen.
Bei medizinischen Rehabilitationen haben die Versicherten durch das Versorgungsstärkungsgesetz künftig ein größeres Wunsch- und Wahlrecht. Sie können jetzt auch zertifizierte Reha-Einrichtungen wählen unabhängig davon, ob diese einen Versorgungsvertrag mit ihrer Krankenkasse abgeschlossen haben. In der Regel müssen die anfallenden Mehrkosten jedoch selbst getragen werden.
Unsere Gesellschaft verändert sich: Die Bevölkerung in Deutschland lebt immer länger. Und weil Patientinnen und Patienten im Alter oft komplexe Krankheitsbilder aufweisen und öfter in Krankenhäusern versorgt werden müssen, wandeln sich die Anforderungen an die stationäre Versorgung.
Außerdem leben immer weniger Menschen auf dem Land, während dort zugleich der Altersdurchschnitt ansteigt.
Um auch in Zukunft eine hochwertige, sichere und gut erreichbare Versorgung in den rund 2.000 Krankenhäusern in Deutschland zu gewährleisten, hat die Bundesregierung 2015 mit dem Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) eine wichtige Krankenhausreform eingeleitet.
Das Krankenhausstrukturgesetz ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Zentrale Themen sind die Qualitätssicherung, die Krankenhausplanung und eine verlässliche Finanzierung der Betriebskosten.
Krankenhäuser erhalten mehr Geld für Pflegepersonal am Krankenbett.
Im Rahmen eines Pflegestellen-Förderprogramms fließen in den Jahren 2016 bis 2018 bis zu 660 Millionen Euro Fördermittel. Ab 2019 stehen dauerhaft bis zu 330 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Dadurch können voraussichtlich 6.350 neue Stellen geschaffen werden, die ausschließlich der Pflege am Bett zugutekommen.
Der Versorgungszuschlag von 500 Millionen Euro wird ab 2017 durch einen Pflegezuschlag ersetzt. Er wird nach den Pflegepersonalkosten der Krankenhäuser verteilt. Damit erhalten Krankenhäuser einen Anreiz, eine angemessene Pflegeausstattung vorzuhalten.
Die stationäre Notfallversorgung ist aktuell recht unterschiedlich ausgestaltet. So gibt es zum Beispiel Universitätskliniken oder Krankenhäuser der Maximalversorgung, die rund um die Uhr an sieben Wochentagen Leistungen aller Fachabteilungen mit dem erforderlichen Fachpersonal vorhalten, und solche, die Notfallleistungen lediglich zeitlich eingeschränkt und mit der Ausstattung einer Grundversorgung vorhalten.
Um den unterschiedlichen Aufwand sachgerecht zu finanzieren, werden differenzierte Notfallzuschläge eingeführt, deren Höhe sich am Umfang der Beteiligung an der Notfallversorgung orientiert. Krankenhäuser, die in einem hohen Umfang Notfallstrukturen vorhalten, werden dadurch bessergestellt als Häuser, die dies nur in geringem Umfang oder gar nicht tun.
Auch im Bereich der ambulanten Notfallversorgung werden Krankenhäuser stärker unterstützt. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen zur Sicherstellung des Notdienstes entweder vertragsärztliche Notdienstpraxen (sogenannte Portalpraxen) in oder an Krankenhäusern als erste Anlaufstelle einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden.
Die Umstrukturierung der Krankenhausversorgung in Deutschland kostet Geld. Deshalb werden die Bundesländer dabei unterstützt, notwendige Umstrukturierungen, etwa die Umwandlung ungenutzter Kapazitäten in Gesundheits- und Pflegezentren oder Hospize, vorzunehmen.
Zu diesem Zweck wird ein Strukturfonds mit insgesamt 500 Millionen Euro aus Mitteln der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds gebildet. Die Länder können zur Finanzierung von Maßnahmen Mittel aus dem Strukturfonds abrufen, müssen sich jedoch hälftig an der Finanzierung der Einzelmaßnahmen beteiligen. Insgesamt steht somit ein Betrag von einer Milliarde Euro zur Verfügung.
Patientinnen und Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass nur Behandlungen durchgeführt werden, die medizinisch notwendig sind.
Um wirtschaftliche Fehlanreize zu verhindern, sieht das Gesetz verschiedene Schutzmaßnahmen vor. Es greift zum Beispiel dann ein, wenn ein Krankenhaus überdurchschnittlich viel operiert oder wenn etwaige Bonusregelungen in Chefarztverträgen zu vermeidbaren Behandlungen verleiten.
Im Zusammenspiel mit dem neuen Recht auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung bei planbaren Eingriffen, bei denen Unsicherheit darüber besteht, ob sie medizinisch zwingend geboten sind, können unnötige Operationen zukünftig besser vermieden werden.
Patientinnen und Patienten, die nach einem längeren Krankenhausaufenthalt oder einer ambulanten Operation außerhalb eines Krankenhauses vorübergehend weiter versorgt werden müssen, können eine Kurzzeitpflege als neue Leistung der gesetzlichen Krankenkassen in einer geeigneten Einrichtung in Anspruch nehmen.
Ergänzend dazu werden die Ansprüche auf häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe erweitert. Damit werden bestehende Versorgungslücken geschlossen, wenn Patientinnen und Patienten noch nicht im Sinne der sozialen Pflegeversicherung pflegebedürftig sind und deshalb keine Ansprüche auf Pflegeleistungen haben.
Mit dem Krankenhausstrukturgesetz wird Qualität als Kriterium bei der Krankenhausplanung eingeführt.
Für einige Bereiche wird zur Sicherung der Qualität dem G-BA der Auftrag gegeben, eine Mindestanzahl an Behandlungen in Krankenhäusern festzulegen, zum Beispiel bei der Versorgung von Frühgeborenen oder beim Kniegelenkersatz (sogenannte Mindestmengen).
Damit diese Mindestmengenfestlegungen nicht umgangen werden können, ist die gesetzliche Regelung klarer gestaltet worden. So müssen Krankenhäuser künftig im Voraus eine Prognose zum Erreichen der geforderten Leistungsmenge im nächsten Kalenderjahr abgeben. Anhand dieser wird entschieden, ob ein Krankenhaus die Leistung im Folgejahr erbringen darf oder nicht.
Erbringt ein Krankenhaus eine Leistung, obwohl es die festgelegte Mindestmenge nicht erreicht, so erhält es von der Krankenkasse keine Vergütung für die Behandlung.
Erweitert wird zudem das Hygieneförderprogramm. Dadurch können mehr Hygienefachkräfte eingestellt und ausgebildet werden. Durch den Ausbau der Weiterbildung im Bereich Infektiologie sollen hier künftig mehr Fachkräfte zur Verfügung stehen.
Darüber hinaus schafft das Gesetz mit Zu- und Abschlägen Anreize für Krankenhäuser, besonders gute Leistungen zu erbringen. Das Prinzip ist einfach: Erbringt ein Haus Leistungen von hoher Qualität oder nimmt es besondere Aufgaben wahr, zum Beispiel die Beratung oder die Dokumentation bei seltenen Erkrankungen, so erhält es dafür einen Zuschlag.
Qualitätsmängel müssen zum Schutz der Patientinnen und Patienten schnellstmöglich beseitigt werden. Tritt innerhalb eines Jahres keine Besserung ein, werden die Mittel gekürzt. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung kann unangemeldet Kontrollen durchführen, wenn er Anhaltspunkte dafür hat, dass ein Krankenhaus Qualitätsvorgaben nicht beachtet.
Patientinnen und Patienten können sich künftig einfacher ein Bild über die Versorgungsqualität im Krankenhaus machen. Besonders wichtige Informationen des Qualitätsberichts der Krankenhäuser sektowerden in einem gesonderten Kapitel zusammengefasst. Versicherte finden hier insbesondere Angaben zur Patientensicherheit in übersichtlicher Form und verständlicher Sprache. Die Qualitätsberichte müssen künftig von den Krankenhäusern – neben der obligatorischen Veröffentlichung auf den Portalen der Kassenverbände – auch auf ihren eigenen Internetseiten leicht auffindbar werden.
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